Angesichts wachsender Bedrohungen und begrenzter Haushaltsmittel muss Europa seine Verteidigungsstrategien überdenken. Europas Verteidigung: Finanzierungsstrategien und Herausforderungen beleuchtet die Notwendigkeit von Zusammenarbeit und effektiver finanzieller Steuerung.
Verteidigungsausgaben steigen drastisch
Seit der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 haben die EU-Mitgliedsstaaten ihre Verteidigungsausgaben deutlich erhöht. Laut der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) beliefen sich die Ausgaben im Jahr 2024 auf 326 Milliarden Euro, was 1,9 % des EU-BIP entspricht. Im Vergleich zu 2021 stellt dies einen Anstieg von 31 % dar. Dennoch verzögern fehlende Produktionskapazitäten und der Mangel an Fachkräften den Ausbau der Verteidigung.
Gemeinsame Finanzierung und Rüstungsprojekte
Eine Möglichkeit, Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern, liegt in der gemeinsamen Beschaffung und Produktion von Rüstungsgütern. Guntram Wolff vom Bruegel-Institut sieht großes Potenzial in der Zusammenarbeit bei Projekten wie Hyperschallraketen, Luftabwehrsystemen und Drohnen.
Die unterschiedlichen Verteidigungsprioritäten der Mitgliedsstaaten stellen jedoch eine Herausforderung dar. Während Frankreich auf nukleare Abschreckung setzt, setzen andere Länder auf leichtere, mobile Ausrüstung oder schwere Artillerie, abhängig von ihren strategischen Bedürfnissen.
Ein weiterer Lösungsansatz, der diskutiert wird, ist die gemeinsame Kreditaufnahme durch Eurobonds. Dies könnte den Mitgliedsstaaten durch niedrigere Zinsen mehr finanziellen Spielraum verschaffen. Allerdings stehen fiskalpolitische Hardliner wie Deutschland dieser Lösung skeptisch gegenüber.
„Buy European“: Ein Weg zur Autonomie?
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron setzt sich verstärkt für den Kauf europäischer Rüstungsgüter ein, um die strategische Autonomie der EU zu stärken. Andere Mitgliedsstaaten bevorzugen jedoch die günstigeren und schneller verfügbaren Produkte von Nicht-EU-Lieferanten.
Philippe Perchoc vom Institut IRSEM warnt vor den Risiken externer Abhängigkeiten: „Wenn sich die geopolitischen Bedingungen ändern, könnten europäische Länder den Zugang zu wichtigen Ressourcen verlieren.“
Verteidigungspolitik bleibt in nationaler Hand
Trotz des wachsenden Bedarfs an Kooperation bleibt die Verteidigungspolitik in den Händen der einzelnen Staaten. Eine einheitliche europäische Strategie erfordert ein Gleichgewicht zwischen nationalen Interessen und gemeinsamer Sicherheit.