Berlin kündigt Zurückweisungen an – Wien verweist auf EU-Recht
Die Ankündigung des künftigen deutschen Innenministers Alexander Dobrindt (CSU), ab Mittwoch verstärkt Geflüchtete an der Grenze zu Österreich zurückzuweisen, hat in Wien für Unmut gesorgt. Österreichs Innenministerium fordert, dass sich Deutschland strikt an geltendes EU-Recht hält. Eine Abweisung von Asylsuchenden ohne rechtliche Grundlage werde man nicht hinnehmen, heißt es aus dem Ministerium.
Rechtslage: Zurückweisung trotz Asylantrag ist unzulässig
Obwohl Deutschland bereits Grenzkontrollen durchführt – etwa in Zügen, die durch das Deutsche Eck fahren – sorgt die geplante Ausweitung für Diskussion. Der Europarechtsexperte Walter Obwexer von der Universität Innsbruck betont: Wer an der Grenze einen Asylantrag stellt, darf nicht abgewiesen werden. Dies sei durch EU-Recht eindeutig geregelt.
Das österreichische Innenministerium stützt sich auf dieselbe Rechtsauffassung. Solange ein Antrag gestellt wird, greift der Schutzmechanismus des Unionsrechts – eine Zurückweisung wäre in diesem Fall rechtswidrig.
Gefahr einer Pattsituation an der Grenze
Sollte Deutschland Geflüchtete trotz Asylantrags abweisen, könnte Österreich die Rückübernahme verweigern. In einem solchen Fall droht eine rechtliche und praktische Blockade an der gemeinsamen Grenze. Eine Lösung wäre laut Obwexer nur durch bilaterare Absprache oder EU-Intervention möglich.
Zudem könnte Österreich ein Verfahren bei der Europäischen Kommission anstoßen, um ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten.
Zurückweisungen sind kein Novum – Symbolpolitik im Vordergrund
Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination Österreich weist darauf hin, dass solche Zurückweisungen auch in der Vergangenheit vereinzelt vorkamen – selbst bei gestelltem Asylantrag. Die aktuelle Aufregung sei daher weniger durch neue Praktiken bedingt als durch politische Inszenierung.
„Beide Seiten wollen Handlungsfähigkeit im Umgang mit Migration zeigen“, so Gahleitner-Gertz. In Wahrheit sei die Zahl der Asylanträge derzeit gering. Bis Ende März wurden in Österreich rund 4.600 Anträge registriert – im Vergleich zu früheren Jahren ein niedriger Wert. Die Debatte sei somit stark von Symbolpolitik geprägt.