Erste Solaranlagen für Schulen stammen nicht aus Großbritannien
Im Rahmen des ersten Großprojekts von „Great British Energy“ (GBE), dem neuen staatlichen Energieunternehmen des Vereinigten Königreichs, wurden elf Schulen in England mit Solarmodulen ausgestattet. Die Solarpanels stammen jedoch nicht von heimischen Anbietern, sondern von den chinesischen Herstellern Aiko und Longi.
Das Projekt sollte ein symbolischer Startschuss für eine unabhängige, klimafreundliche Energiezukunft sein – getragen von einem Unternehmen im öffentlichen Eigentum. Die Herkunft der Technik wirft nun ethische und politische Fragen auf.
Warnung vor Zwangsarbeit und Abhängigkeit
Sarah Champion, Abgeordnete der Labour-Partei, kritisierte die Entscheidung scharf. Sie verwies auf Berichte, wonach Polysilizium – ein zentraler Bestandteil von Solarmodulen – in der chinesischen Region Xinjiang unter Zwangsarbeit produziert werde.
„Ich finde die Idee von GBE wichtig“, sagte Champion, „aber es ist inakzeptabel, wenn öffentliche Gelder Lieferketten mit Menschenrechtsrisiken finanzieren.“ Sie forderte, britische Hersteller zu unterstützen und ethische Standards in den Mittelpunkt zu stellen – auch wenn das zunächst höhere Kosten bedeute. Neben Großbritannien seien auch Lieferanten aus Kanada und Taiwan mögliche Alternativen.
Aiko und Longi wiesen alle Vorwürfe zurück. Beide Unternehmen erklärten, sie lehnten Zwangsarbeit ab, führten regelmäßig Audits durch und hielten sich an internationale Richtlinien.
Gesetz gegen moderne Sklaverei zeigt geringe Wirkung
Obwohl seit Anfang 2024 ein Gesetz in Kraft ist, das Investitionen in Lieferketten mit Hinweisen auf moderne Sklaverei untersagt, stammten laut offiziellen Zahlen 68 Prozent aller Solarimporte Großbritanniens im Jahr 2024 aus China – ein Anstieg gegenüber 61 Prozent im Jahr davor.
Mark Candlish, Geschäftsführer des britischen Solarmodul-Herstellers GB-Sol, erklärte: „Der globale Solarmarkt wird eindeutig von China dominiert. Wer kostengünstige Technik sucht, kommt derzeit kaum an chinesischer Ware vorbei.“ Besonders der Abbau von Polysilizium in kritischen Regionen wie Xinjiang bereite der Branche ethische Sorgen.
GBE kündigt schärfere Kontrollen an
GB Energy investiert rund 200 Millionen Pfund in Solartechnik für Schulen und Krankenhäuser im ganzen Land. Die erste Förderrunde – rund elf Projekte – wurde mit Produkten chinesischer Firmen umgesetzt. Die Information über die Herkunft der Module wurde durch eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz öffentlich.
Ein Unternehmenssprecher betonte, dass sämtliche Verträge mit dem britischen Beschaffungsrecht und dem Modern Slavery Act vereinbar seien. Gleichzeitig kündigte GBE an, seine Lieferkettentransparenz weiter auszubauen.
„Zwangsarbeit und unethische Praktiken haben keinen Platz in Großbritanniens Energiewende“, hieß es in der Erklärung. Man arbeite an strengeren Standards für Offenlegungspflichten und an einer engeren Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, um Lieferketten global besser abzusichern.
Hersteller weisen Verantwortung von sich
Beide beteiligten Firmen, Aiko und Longi, sind Mitglieder der Solar Stewardship Initiative – einem freiwilligen Programm zur Förderung transparenter und nachhaltiger Beschaffung. Aiko erklärte, man achte konsequent auf ethisches Verhalten und fordere das auch von seinen Zulieferern. Longi ergänzte, man überprüfe sämtliche Lieferketten mithilfe unabhängiger Prüforgane und habe Maßnahmen zur Vermeidung von Risiken implementiert.
Longi äußerte sich auch zu einem kritischen Bericht der Universität Sheffield Hallam, der 2023 mögliche Verbindungen zur Region Xinjiang aufgezeigt hatte. Ein Sprecher erklärte, die dortigen Schlussfolgerungen spiegelten nicht die aktuellen Maßnahmen und Standards des Unternehmens wider.
Trotz der Verteidigungsversuche der Anbieter steht GBE unter Druck, seine Beschaffungsstrategie zu überdenken. Die öffentliche Erwartung wächst, dass künftige Projekte nicht nur klimafreundlich, sondern auch sozial verantwortlich umgesetzt werden. Die britische Energiewende steht damit zunehmend im Spannungsfeld zwischen Kosten, Nachhaltigkeit und Ethik.