Tomorrow.Bio: Eine zweite Chance – für den Preis eines Sportwagens
Das deutsche Start-up Tomorrow.Bio verspricht nichts weniger als die Aussicht auf ein neues Leben. Für rund 200.000 US-Dollar (165.000 Pfund) will das Unternehmen Verstorbene kryokonservieren, um sie in der Zukunft wiederzubeleben. Doch ist Kryonik tatsächlich ein Schritt in die Zukunft oder bleibt sie eine unrealistische Hoffnung?
Hightech im Berliner Park
Auf den ersten Blick wirkt der umgerüstete Rettungswagen von Tomorrow.Bio eher unscheinbar. Doch im Inneren des Fahrzeugs verbirgt sich ein komplexes System, das für die Kryokonservierung von Verstorbenen ausgelegt ist. Der orangefarbene Streifen an der Seite täuscht: Hier geht es nicht um gewöhnliche medizinische Einsätze, sondern um eine mögliche Wiederbelebung – irgendwann in der Zukunft.
Das Start-up, gegründet von Emil Kendziorra, einem ehemaligen Krebsforscher, hat bislang wenige Menschen und Haustiere kryokonserviert. Doch das Interesse wächst. Über 700 Personen haben sich bereits registriert, und für 2025 plant das Unternehmen eine Expansion in die USA.
Wie funktioniert Kryonik?
Nach dem Tod eines Patienten beginnt ein minutiös geplanter Prozess: Der Körper wird zunächst heruntergekühlt und anschließend mit einer speziellen Flüssigkeit behandelt, die Eiskristalle verhindert. Diese Mischung aus Dimethylsulfoxid (DMSO) und Ethylenglykol ersetzt das Wasser im Körpergewebe, bevor er auf -196 Grad Celsius gekühlt und in einer Schweizer Einrichtung gelagert wird.
„Es geht darum, den Körper zu konservieren, nicht einfach einzufrieren“, erklärt Kendziorra. Dennoch gibt es erhebliche Herausforderungen: Bis heute wurde kein Mensch erfolgreich wiederbelebt, und Experten wie der Neurowissenschaftler Clive Coen halten die Idee für „absurd“. Besonders das intakte Wiederherstellen komplexer Gehirnstrukturen bleibt ein ungelöstes Problem.
Die ethische Debatte um Kryonik
Die Aussicht auf ein zweites Leben polarisiert. Während Befürworter wie Louise Harrison die Möglichkeit als „logisch“ betrachten – „eine kleine Chance ist besser als keine“ – sehen Kritiker wie Coen in der Kryonik eine Fehleinschätzung der biologischen Realität. Sobald das Herz aufhört zu schlagen, setzt der Zerfall der Zellen ein. Eine Wiedererwärmung würde diesen Prozess verstärken und irreparable Schäden verursachen.
Trotz Skepsis glaubt Kendziorra an das Potenzial der Kryonik. „Es gibt keinen Grund, warum es prinzipiell unmöglich sein sollte.“ Vergleiche mit Organtransplantationen zeigen, dass gesellschaftliche Akzeptanz für medizinische Innovationen wachsen kann.
Ein Blick in die Zukunft
Mit hohen Kosten und ungewissen Erfolgsaussichten bleibt die Kryonik umstritten. Doch Tomorrow.Bio sieht sich an der Spitze einer technologischen Revolution. Ob Kryonik eines Tages so alltäglich wird wie Organtransplantationen, bleibt offen. Für Emil Kendziorra ist sie jedoch ein faszinierender Schritt in eine noch ungewisse Zukunft.