Wissenschaftler feiern eine neue orale Behandlung gegen Gonorrhoe – die erste seit über 30 Jahren. Sie hoffen, damit dem weltweiten Anstieg resistenter Infektionen entgegenzuwirken.
Gonorrhoe ist eine sexuell übertragbare Krankheit, die unbehandelt schwere Komplikationen verursachen kann. Besonders bei Frauen steigt dadurch das Risiko für Unfruchtbarkeit und Eileiterschwangerschaften.
Gepotidacin zeigt gleiche Wirkung wie Standardtherapie
Das neue Medikament, Gepotidacin, wird bislang zur Behandlung von Harnwegsinfektionen eingesetzt. Nun könnte es auch bei Gonorrhoe zum Einsatz kommen.
In einer aktuellen Phase-III-Studie wurde Gepotidacin mit der Standardbehandlung verglichen: einer Ceftriaxon-Injektion und einer Azithromycin-Tablette.
Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht und auf dem ESCMID-Kongress in Wien vorgestellt. Die Studie zeigte: Gepotidacin ist genauso wirksam wie die bisherige Standardtherapie.
Insgesamt nahmen 622 Patientinnen und Patienten aus Großbritannien, den USA, Australien, Deutschland, Mexiko und Spanien teil. Geleitet wurde die Studie von Forschenden aus dem UK und den USA.
Gepotidacin wurde oral eingenommen, während Ceftriaxon als Injektion verabreicht wurde. Es traten in beiden Gruppen keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf.
Besonders wichtig: Gepotidacin wirkte auch gegen resistente Gonorrhoe-Stämme, die mit herkömmlichen Antibiotika kaum noch behandelbar sind.
Die Forscher erklärten, dass Gepotidacin der Standardbehandlung nicht unterlegen sei. Es biete eine neue Behandlungsoption für unkomplizierte urogenitale Gonorrhoe.
Eine reine Tablettentherapie könnte außerdem die Patientenerfahrung verbessern. Gleichzeitig würde der Aufwand für das Gesundheitssystem durch entfallende Injektionen sinken.
Reaktion auf zunehmende Resistenzen
Der Bedarf an neuen Behandlungen ist dringend. Immer mehr Gonorrhoe-Fälle sind gegen bisherige Antibiotika resistent.
In England wurden 2023 85.000 Fälle gemeldet – der höchste Stand seit 1918. Viele davon zeigten Resistenz gegen Ceftriaxon, das derzeitige Mittel der ersten Wahl.
Gesundheitsbehörden warnten bereits, dass Gonorrhoe in naher Zukunft unbehandelbar werden könnte.
Die meisten Betroffenen in England waren heterosexuelle Personen in den Zwanzigern. Viele hatten sich im Ausland infiziert, einige jedoch auch im Inland.
Die Studienautoren wiesen darauf hin, dass die Teilnehmer überwiegend weiße Männer waren und sich die Studie auf urogenitale Infektionen konzentrierte.
Sie fordern weitere Untersuchungen zur Wirksamkeit bei Rektal- und Rachen-Gonorrhoe sowie bei Frauen, Kindern und anderen ethnischen Gruppen.
Teil des globalen Kampfes gegen Resistenzen
Die Entwicklung von Gepotidacin ist ein Schritt im weltweiten Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen (AMR).
AMR gilt mittlerweile als eine der größten Bedrohungen für die globale Gesundheit. Resistente Infektionen fordern weltweit immer mehr Todesopfer.
Laut Schätzungen starben allein im Jahr 2019 rund 1,2 Millionen Menschen direkt an antibiotikaresistenten Infektionen. Täglich sterben daran weltweit etwa 3.500 Menschen.
Neue Medikamente wie Gepotidacin sind daher entscheidend. Ohne sie könnten einfache Infektionen wieder tödlich werden.
Mit diesen Studienergebnissen könnte Gepotidacin zu einem zentralen Mittel im Kampf gegen resistente Gonorrhoe-Stämme werden.