Daueranspannung im Weißen Haus
In der vergangenen Woche drehte sich für Donald Trump alles um den eskalierenden Konflikt zwischen Israel und Iran. Während seines Besuchs in Kanada ließ er sich ständig über neue Entwicklungen informieren. Noch nie zuvor hatte er so viel Zeit im Situation Room verbracht wie in diesen Tagen.
Am Mittwoch jedoch präsentierte sich Trump überraschend nicht mit einem außenpolitischen Statement, sondern auf dem Rasen des Weißen Hauses, wo er zwei neue, knapp 30 Meter hohe Flaggenmasten einweihte. „Die besten Masten des Landes – vielleicht der ganzen Welt“, erklärte er. „Ein Projekt, das mich sehr begeistert.“
Symbolpolitik auf dem Rasen – Zurückhaltung im Krisenzentrum
Die kurze öffentliche Unterbrechung diente wohl auch zur Selbstinszenierung. Denn nur 24 Stunden später informierte Trump über eine brisante Entscheidung: Der geplante Militärschlag gegen den Iran werde um maximal zwei Wochen verschoben, um diplomatische Bemühungen zu ermöglichen.
Zuvor hatte er erneut mit seinem nationalen Sicherheitsteam im Situation Room über Angriffsszenarien und deren Folgen beraten. Trotz harter Worte gegenüber Teheran – inklusive einer Warnung zur Evakuierung der Hauptstadt – entschied sich Trump für Aufschub statt Angriff.
Die gewonnene Zeit nutzten politische Unterstützer wie Gegner, um ihren Einfluss geltend zu machen.
Ein Präsident zwischen Druck und Intuition
Trumps Botschaften blieben widersprüchlich: Während er auf sozialen Medien Härte demonstrierte, äußerte er hinter verschlossenen Türen Bedenken. In vertraulichen Gesprächen stützte er sich vor allem auf CIA-Direktor John Ratcliffe und Generalstabschef Dan Caine. Außenpolitischer Gesandter Steve Witkoff hielt währenddessen Kontakt zum iranischen Außenminister Abbas Araghchi, um über eine Rückkehr zur Diplomatie zu sprechen.
Andere Stimmen ließ Trump gezielt außen vor. So widersprach er offen Geheimdienstchefin Tulsi Gabbard, die Irans Atomprogramm als nicht bedrohlich einstufte. „Dann liegt mein Geheimdienst falsch“, entgegnete Trump. Auf Nachfrage konkretisierte er: „Sie irrt sich.“
Letztlich war es seine eigene Intuition, die ihn vom Angriff abhielt – zumindest vorerst.
Israels Offensive und Europas vergebliche Appelle
Bereits zu Monatsbeginn wurde Trump in Camp David informiert, dass Israel einen Angriff auf iranische Ziele plante. Seine Berater legten abgestimmte Optionen für eine mögliche US-Beteiligung vor. Premierminister Netanyahu kündigte Trump persönlich die Offensive an.
Während sich der israelische Militäreinsatz entfaltete, reiste Trump zum G7-Gipfel nach Kanada. Europäische Partner wollten in vertraulichen Gesprächen mehr über Washingtons Absichten erfahren – vor allem hinsichtlich eines möglichen US-Angriffs auf die unterirdische Atomanlage Fordo. Sie drängten Trump auf eine gemeinsame Erklärung zur Deeskalation. Doch der Präsident verweigerte jede Zusage und reiste frühzeitig ab.
Ein öffentliches Schauspiel – mit ernsten Untertönen
Am Mittwoch, unter brütender Sonne auf dem Südgelände, sagte Trump: „Es ist sehr spät für Gespräche.“ Im Oval Office sprach er später davon, dass nur die USA über die nötige Feuerkraft verfügten, um Fordo zu zerstören. „Aber das heißt nicht, dass ich es tun werde.“
Diese Aussagen fielen während eines Empfangs für das italienische Fußballteam Juventus. Die Spieler dienten dabei mehr als Kulisse denn als Gäste. Timothy Weah kommentierte später trocken: „Ich wollte nur Fußball spielen.“
Hinter den Kulissen jedoch wog Trump weiter Risiken und Konsequenzen ab – mit wachsender Sorge vor einem langen Krieg.
Republikanisches Tauziehen: Angriff oder Zurückhaltung?
In den Tagen des Aufschubs erhielt Trump zahlreiche Anrufe. Einer davon kam von Senator Lindsey Graham, einem Verfechter harter Maßnahmen gegen Iran. Graham lobte Trumps Entschlossenheit und erklärte: „Er meint es ernst mit dem Nein zu Atomwaffen.“
Gegenteiligen Einfluss versuchte Steve Bannon auszuüben. Er warnte vor einem neuen Krieg im Nahen Osten. „Das wäre ein zweites Irak“, sagte er. „Und es würde das Land zerreißen.“
Trump ließ sich von beiden Seiten beraten – ohne sich öffentlich zu binden.
Zwei Wochen – Zeit für Diplomatie oder nur Atempause?
Wie bei vielen Entscheidungen in seiner Amtszeit ließ sich Trump nicht drängen. Er analysierte, sondierte, wartete. Doch diesmal hatte er nicht das letzte Wort: Israel handelte eigenständig, und Iran zeigte keinerlei Einlenken.
In New Jersey erklärte Trump schließlich, dass er Netanyahu kaum zur Zurückhaltung raten könne – angesichts des bisherigen Erfolgs Israels. Die Frist von zwei Wochen sei das äußerste Limit. Ein Militärschlag davor bleibe möglich.
Ob dies die schwerste Entscheidung seiner Amtszeit werde, wollte er nicht sagen. Doch zu seinem eigenen Vermächtnis äußerte er sich deutlich:
„Immer ein Friedensstifter“, sagte er. „Manchmal braucht man Härte, um Frieden zu schaffen. Aber immer ein Friedensstifter.“