Zehntausende verlangen Rücktritt und Neuwahlen
In Belgrad protestierten erneut zehntausende Menschen gegen Präsident Aleksandar Vucic und seine Regierung. Die Demonstrierenden fordern vorgezogene Neuwahlen und den sofortigen Rücktritt des Präsidenten. Sie werfen der Regierung vor, unabhängige Medien gezielt zu unterdrücken und tief in Korruption verstrickt zu sein. Auslöser der Proteste war der Einsturz eines Bahnhofs-Vordachs in Novi Sad, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen. Viele sehen in diesem Unglück ein Symbol für staatliche Schlamperei und versagende Infrastrukturpolitik.
Studenten rufen zur Mobilisierung auf
Die Proteste wurden von einer Studentenbewegung organisiert, die Präsident Vucic ein Ultimatum stellte. Er sollte bis Samstagabend um 21 Uhr Neuwahlen ausrufen. Vucic wies die Forderung bereits im Vorfeld entschieden zurück. Laut Innenministerium nahmen 36.000 Menschen an der Demonstration teil. Viele reisten aus anderen Städten an und marschierten zum Slavija-Platz. Punkt zwölf Uhr hielten sie eine 16-minütige Schweigeminute für die Opfer von Novi Sad ab. Die Polizei sicherte das Regierungsviertel und das Parlament mit großem Aufgebot. Unterstützer Vucics versammelten sich gleichzeitig zu einer Gegendemonstration im Pionirski-Park.
Politischer Protest am historischen Feiertag
Die Demonstration fiel auf den Vidovdan, einen zentralen Gedenktag serbischer Geschichte. Im Vorfeld nahmen die Behörden mehrere Personen wegen angeblicher Umsturzpläne fest. Auch kroatischen Staatsbürgern wurde die Einreise nach Serbien verweigert. Zugverbindungen nach Belgrad wurden wegen einer Bombendrohung gestrichen. Kritiker vermuten gezielte Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Proteste. Bereits im März kam es zu ähnlichen Vorfällen vor einer Massenkundgebung mit hunderttausenden Teilnehmern. Präsident Vucic ist seit über zehn Jahren im Amt. Reguläre Wahlen sind erst 2027 vorgesehen. Doch der Druck auf die Regierung wächst – viele Serben wollen jetzt politische Veränderungen.