Niederländische Bauern stoßen deutlich zu viel Stickstoff aus. Pro Hektar landet dreimal mehr Stickstoff auf den Feldern als im EU-Durchschnitt. Die Regierung verschob das Ziel, die Emissionen zu halbieren, von 2030 auf 2035 – trotz bestehender Gesetze, die bis 2050 fast null Stickstoffbelastung fordern. Mit 620 Nutztieren pro 100 Einwohner zählt das Land zu den am dichtesten besiedelten Agrargebieten Europas. Das bringt nicht nur Fleisch, Milch und Käse, sondern auch riesige Mengen Gülle mit sich.
Familienbetriebe geraten unter Druck
Landwirtin Nanda van den Pol beschreibt, wie ihre 90 Kühe jährlich 3.000 Kubikmeter Gülle produzieren. Nur 80 % davon darf sie auf ihren Feldern verteilen. Den Rest muss sie teuer entsorgen. Letztes Jahr zahlte der Betrieb dafür 100.000 Euro, bald könnten es viermal so viel sein. „Wenn alles so bleibt, wie es angekündigt wurde, gibt es unseren Hof 2030 nicht mehr“, sagt sie. Nanda will umweltfreundlich arbeiten, fühlt sich aber politisch machtlos.
Umweltschützer fordern Handeln statt Aufschub
Max van der Sleen von der NGO Mobilisation for the Environment kritisiert die Regierung scharf. „Nur 28 % der geschützten Gebiete befinden sich in gutem Zustand“, sagt er. Einst artenreiche Dünenlandschaften seien heute mit Brennnesseln überwuchert. Die Regierung verzögere Maßnahmen mit dem Argument, soziale Folgen vermeiden zu wollen. Dabei gebe es seit Jahrzehnten Warnungen und seit 2019 klare gesetzliche Vorgaben. Auch er betont: Die Bauern seien bereit für nachhaltige Wege, doch die Politik müsse diese ermöglichen.
Professor Jan Willem Erisman erklärt, dass Landwirtschaft tiefgreifende und langfristige Veränderungen brauche. Politische Lösungen dagegen seien oft kurzfristig gedacht. Ein schrittweiser, unterstützender Wandel fehle völlig. Solange das so bleibt, steigen die Kosten für Umwelt, Landwirte – und die gesamte grüne Agenda der EU. Die entscheidende Frage bleibt: Kommt der Wandel rechtzeitig?