Im Januar verbot Israel der Haupt-UN-Hilfsorganisation UNRWA, in Gaza tätig zu sein. Israel warf der Organisation vor, Hamas-Mitglieder in ihren Reihen zu tolerieren. Daraufhin übernahm die Gaza Humanitarian Foundation (GHF), ein umstrittenes US-Unternehmen mit Sitz in Delaware und israelischer Unterstützung, die Verteilung der Hilfsgüter. Seit Februar verteilt die GHF Lebensmittel und andere Hilfen von vier Standorten aus im Gazastreifen und ersetzt so das bisherige UN-System.
Tote bei Versuchen, Hilfe zu erreichen
Die UN meldete am Dienstag, dass seit Ende Mai über 1.000 Palästinenser bei dem Versuch, an Hilfsgüter zu gelangen, ums Leben kamen. Davon starben 766 Menschen auf dem Weg zu den Verteilstellen der GHF. Laut UN ereigneten sich die Todesfälle oft bei Massenpaniken oder durch Schüsse israelischer Sicherheitskräfte oder GHF-Wachleute. Palästinensische Augenzeugen und medizinische Mitarbeiter berichteten, dass israelische Soldaten immer wieder in die Menschenmengen vor den Hilfsstationen schossen. Die israelische Armee gibt an, nur Warnschüsse abgegeben zu haben. Die GHF erklärt, ihre Sicherheitskräfte hätten nur vereinzelt in die Luft geschossen, um Gedränge zu verhindern. Die GHF weist die UN-Zahlen als „falsch und übertrieben“ zurück.
Hunger und Not in Gaza verschärfen sich
Mehr als zwei Millionen Menschen in Gaza leiden unter einer dramatischen humanitären Krise. Die israelische Blockade beschränkt die Einfuhr von Lebensmitteln und medizinischer Versorgung stark. Die Hamas wird von Israel beschuldigt, Hilfsgüter abzuzweigen, Beweise fehlen jedoch. Die Gesundheitsbehörde Gazas meldete am Dienstag 15 neue Todesfälle wegen Mangelernährung, darunter vier Kinder, und zählt insgesamt 101 Hungertote in der Region. Hilfsorganisationen warnen vor einer sich verschärfenden Katastrophe. Das Welternährungsprogramm der UN spricht von „neuen und erschreckenden Ausmaßen“ der Verzweiflung. Rund 100.000 Frauen und Kinder leiden an schwerer akuter Mangelernährung, und ein Drittel der Bevölkerung fastet mehrere Tage hintereinander. Die Organisation MedGlobal berichtete, dass allein in den letzten drei Tagen fünf Kinder, teilweise erst drei Monate alt, an Hunger starben. Der Leiter von MedGlobal bezeichnet die Lage als „menschenverursachte Katastrophe“. Hilfskräfte berichten, dass sie selbst aufgrund des Nahrungsmangels körperlich leiden.