Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten haben ein Handelsabkommen unterzeichnet, das monatelange Spannungen entschärft. US-Präsident Donald Trump setzte einen pauschalen Zollsatz von 15 % auf alle EU-Exporte durch. Das ist nur halb so hoch wie die ursprünglich angedrohten 30 %, aber deutlich über früheren Werten. Die EU gewährt im Gegenzug zollfreien Zugang für bestimmte US-Produkte. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem „notwendigen Ausgleich in schwierigen Zeiten“. Beide Seiten präsentierten das Ergebnis als Erfolg – mit sehr unterschiedlichen Interessen.
Trumps Drucktaktik funktioniert erneut
Trump bleibt seiner Linie treu. Er nutzt Zölle, um wirtschaftlichen und politischen Druck auszuüben – und erhält oft, was er verlangt. Mit Großbritannien, Japan und weiteren Staaten schloss er bereits bilaterale Vereinbarungen. Sein Ziel von „90 Deals in 90 Tagen“ verfehlte er, doch er verändert das globale Handelssystem spürbar. Frankreichs Europaminister Benjamin Haddad zeigte sich kritisch. Er lobte branchenspezifische Ausnahmen, etwa für französische Spirituosen, nannte das Abkommen jedoch „einseitig und unausgewogen“.
Verhandelt zwischen Golfbahnen und Regenschauern
Die Einigung wurde auf Trumps Golfresort in Turnberry erzielt. Dort trafen sich Trump und von der Leyen zu einem vertraulichen Austausch. Der Deal wurde bei einer kurzen Begegnung nach Trumps Golfrunde verkündet. Trump erklärte: „Wir haben einen fairen, großen Deal geschlossen.“ Von der Leyen betonte, das Abkommen sei ein Rahmen mit offenem Ausgang. Die Details sollen in den kommenden Wochen verhandelt werden. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen dem Vertrag noch zustimmen. Ein erstes Briefing findet am Montag in Brüssel statt.
Milliarden fließen über den Atlantik – aber nur in eine Richtung
Trump kündigte an, dass die EU in den kommenden drei Jahren über 600 Milliarden Dollar in den USA investieren werde. Davon sollen große Teile in Rüstungsgüter fließen. Zudem plane Europa, amerikanische Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu importieren – darunter Flüssiggas, Öl und Kernenergie. Von der Leyen erklärte, Europa wolle sich strategisch von russischer Abhängigkeit lösen. Flugzeuge, einige Agrarprodukte und bestimmte Chemikalien bleiben zollfrei. Ein Abkommen zu Halbleitern steht kurz bevor. Streitpunkt bleibt Alkohol – Frankreich und die Niederlande drängen auf Sonderregelungen. Der US-Zoll auf Stahl und Aluminium von 50 % bleibt bestehen.
Die USA feiern – die EU rechnet
Trump feierte das Abkommen als „größten Handelsdeal der Geschichte“. Für Washington bedeutet es rund 90 Milliarden Dollar zusätzliche Einnahmen pro Jahr – basierend auf den Handelszahlen von 2024. Dazu kommen Hunderte Milliarden an Investitionen. Für Brüssel ist das Ergebnis zwiespältig. Die EU konnte höhere Zölle verhindern, musste jedoch Zugeständnisse machen. Der neue Satz liegt über dem britischen 10 %-Deal, entspricht aber dem mit Japan vereinbarten Niveau. Von der Leyen sprach bewusst von einem „Gleichgewicht“, um Trumps Begrifflichkeit aufzugreifen.
Im Zentrum steht Trumps Defizitstrategie
Trump sieht das Handelsdefizit mit der EU als fundamentales Problem. Im letzten Jahr importierten die USA Güter im Wert von 606 Milliarden Dollar aus der EU, exportierten aber nur 370 Milliarden. Für Trump ist das ein Zeichen von Schwäche. Ohne Einigung hätte er massive Zölle auf deutsche Technik, französischen Käse, italienisches Leder und spanische Pharmazeutika verhängt. Die EU hatte als Gegenmaßnahme Zölle auf Boeing-Flugzeuge, US-Rindfleisch und Autoteile geplant. Die Eskalation wurde verhindert – aber nicht ohne Preis.
Europa bleibt vorsichtig – Zustimmung noch offen
Aus den europäischen Hauptstädten kamen vorsichtige Reaktionen. Irlands Premier Micheál Martin betonte die wirtschaftliche Belastung durch die neuen Zölle. Irland gehört zu den exportstärksten EU-Ländern Richtung USA. Deutschlands Kanzler Friedrich Merz warnte vor einem Handelskrieg, der deutsche Exporte gefährdet hätte. Er rief zu verlässlichen, langfristigen Rahmenbedingungen auf. Italiens Premierministerin Giorgia Meloni äußerte sich abwartend, wolle aber die Vertragsdetails genau prüfen. Großbritanniens Premier Keir Starmer trifft Trump am Montag – erneut in Turnberry. Am Dienstag reist Trump weiter nach Aberdeen, wo er mit seiner Familie ein neues Golfresort eröffnet.