Sonnenforschung neu definiert: Erste Bilder vom Südpol der Sonne veröffentlicht
Solar Orbiter enthüllt bislang unbekannte Region
Zum ersten Mal in der Geschichte der Raumfahrt haben Wissenschaftler direkte Aufnahmen vom Südpol der Sonne erhalten. Möglich wurde das durch die ESA/NASA-Mission Solar Orbiter, die seit 2020 im Einsatz ist. Mitte März 2025 gelang der Sonde ein entscheidendes Manöver: Sie tauchte 15 Grad unter die Sonnenäquatorebene, um bislang unerforschte polare Regionen zu fotografieren.
Die neu gewonnenen Daten zeigen ein chaotisches Muster magnetischer Aktivität, das laut Forschenden der Schlüssel zum Verständnis des Magnetfeldwechsels der Sonne ist. Dieser Umkehrprozess – bei dem sich Nord- und Südpol etwa alle 11 Jahre vertauschen – markiert auch den Höhepunkt der sogenannten Sonnenzyklen, in denen Sonnenflecken, Flares und Stürme besonders häufig auftreten.
Magnetisches Mosaik bestätigt theoretische Modelle
„Die Pole der Sonne waren bislang buchstäblich terra incognita“, erklärte Prof. Sami Solanki vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. Die magnetischen Messungen der Solar Orbiter zeigen erstmals direkt ein fragmentiertes Feld aus Nord- und Südpol-Polarität, genau wie es Computersimulationen vorausgesagt hatten. Diese Ergebnisse sollen künftig helfen, die Sonnenzyklen besser zu modellieren und vorherzusagen, was wiederum für den Schutz von Satelliten und Stromnetzen auf der Erde entscheidend ist.
Das Phänomen beruht auf der ungleichmäßigen Rotation der Sonne: Während sich der Äquator in 26 Tagen dreht, benötigen die Pole rund 33 Tage. Diese Differenz führt dazu, dass sich magnetische Feldlinien verdrehen und verwirbeln – bis es zum Polsprung kommt.
Wegbereiter für die Zukunft der Sonnenforschung
Die aktuelle Mission ist nicht nur ein technologischer Meilenstein, sondern auch ein wissenschaftlicher Durchbruch. „Alles, was wir auf der Sonne beobachten – Explosionen, Aktivität, Struktur – geht letztlich auf ihr Magnetfeld zurück“, sagte Prof. Lucie Green vom Mullard Space Science Laboratory. Die Möglichkeit, den Sonnenzyklus direkt an den Polen zu beobachten, sei ein entscheidender Fortschritt.
Während die NASA-Sonde Ulysses bereits in den 1990er Jahren über die Pole der Sonne flog, verfügte sie über keine Kamera. Der Solar Orbiter jedoch liefert erstmals bildgebende Daten in hoher Auflösung.
Die Mission wird weiter ausgebaut: Bis Ende 2026 bleibt die Umlaufbahn bei 17° Neigung, ab 2029 soll sie dann auf 33° steigen, um noch detailliertere Aufnahmen der Pole zu ermöglichen. Ziel ist es, das magnetische Verhalten der Sonne vollständig zu entschlüsseln, um die dynamischsten und gefährlichsten Phasen des Sonnenzyklus besser vorhersagen zu können.