ESA-Chef fordert angesichts geopolitischer Unsicherheiten stärkere europäische Raumfahrtinitiativen
Die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus löst in Europa neue Bestrebungen nach größerer Eigenständigkeit aus – nicht nur in der Verteidigung, sondern auch im Weltraum. Josef Aschbacher, Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), mahnt, dass Europa dringend seine Investitionen in Raumfahrttechnologien steigern müsse.
„In einer zunehmend volatilen geopolitischen Lage wird der Ruf nach mehr Autonomie immer deutlicher“, sagte Aschbacher im Gespräch mit dem Guardian in London. Europa müsse seine Weltraumkapazitäten ausbauen, um seine Interessen zu schützen und seine wirtschaftliche Stärke zu sichern.
Gefahr für Zusammenarbeit mit den USA – Europa sucht Alternativen
SpaceX und Trumps Einfluss auf die US-Raumfahrt verändern die Spielregeln
Über Jahrzehnte war die enge Kooperation zwischen der ESA und US-Behörden wie der NASA essenziell. Projekte wie das James-Webb-Teleskop oder das Artemis-Programm zur Rückkehr zum Mond beruhen auf transatlantischer Zusammenarbeit. Doch angesichts von Budgetkürzungen bei der NASA und dem wachsenden Einfluss von Elon Musk und SpaceX sieht Aschbacher neue Herausforderungen.
Musk, ein Trump-Verbündeter, verfolgt eigene Ambitionen im All – mit möglichen Interessenkonflikten, da SpaceX zentraler NASA-Auftragnehmer ist. Parallel ist Europa durch Verzögerungen bei seinen eigenen Trägersystemen wie Ariane 6 und Vega C zeitweise auf Musks Starlink und Raketen angewiesen gewesen.
Aschbacher bekräftigte zwar seine Hoffnung auf weitere Kooperationen mit den USA. Zugleich betonte er aber, dass die ESA alternative Partnerschaften mit Australien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Indien prüfe, um langfristige Unabhängigkeit zu gewährleisten.
Europa plant eigene Trägerraketen und neue Raumfahrtallianzen
ESA setzt auf Innovation und internationale Vernetzung
Mit der neuen Ariane 6, wieder funktionsfähigen europäischen Trägersystemen und Projekten wie dem Prometheus-Triebwerk will Europa seine Startkapazitäten ausbauen und die Abhängigkeit von SpaceX verringern. Auch private Anbieter wie Rocket Factory Augsburg stehen bereit, um den Wettbewerb zu beleben.
Aschbacher begrüßte die Entwicklungen rund um britische Raumhäfen, etwa auf den Shetlandinseln, als weiteren Schritt zur europäischen Eigenständigkeit. Trotz Brexit bleibt Großbritannien ein aktiver ESA-Partner.
Der ESA-Chef erinnerte daran, dass Investitionen in Raumfahrt nicht nur der Verteidigung dienen, sondern auch Innovationen und wirtschaftlichen Fortschritt fördern. „Raumfahrt ist wie Grundlagenforschung“, sagte Aschbacher. „Sie schafft die Voraussetzungen für Wohlstand, Fortschritt und Lebensqualität.“