Experte fordert klare gesetzliche Grenze für Cannabis im Verkehr
Bernhard Amann von der Suchtpräventionsstelle „Ex und Hopp“ fordert dringend einen gesetzlichen THC-Grenzwert im Straßenverkehr. Österreich zähle zu den letzten europäischen Ländern ohne eine solche Regelung. In Vorarlberg stoppt die Polizei regelmäßig Autofahrer, die positiv auf THC getestet werden. Auch Personen, die beim Fahren längst nicht mehr berauscht sind, müssen mit Konsequenzen rechnen. Amann bezeichnet diese Praxis als ungerecht und überzogen. Er sagt, nüchterne Menschen würden wie stark alkoholisierte Fahrer behandelt.
Betroffener verliert Führerschein trotz mehrtägiger Abstinenz
Ein Mann wandte sich an eine Redaktion und schilderte seinen Fall. Er konsumierte Cannabis bei einer Feier und fuhr drei Tage später mit dem Auto. Obwohl er sich völlig nüchtern fühlte, fiel sein Drogentest positiv aus. Er musste eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro bezahlen. Zusätzlich kamen Kosten für ein Verkehrscoaching, eine psychologische Untersuchung und ein psychiatrisches Gutachten hinzu. Insgesamt entstanden ihm rund 4.000 Euro an Ausgaben. Obwohl die Führerscheinsperre nur für einen Monat galt, wartet er seit über sechs Monaten auf die Rückgabe. Erst wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind, bekommt er seinen Führerschein zurück. Amann fordert einen Grenzwert von fünf Nanogramm THC pro Milliliter Blut. Dieser entspreche etwa 0,3 Promille Alkohol. Er möchte psychologische Begutachtungen nur bei auffälligem Fahrverhalten zulassen. Im Vergleich zu anderen Ländern sei Österreich bei der Drogenpolitik rückständig. Deutschland, Großbritannien oder Portugal hätten längst gesetzliche Werte eingeführt.
Polizei setzt auf Einzelfallprüfung und lehnt fixen Wert ab
Wilhelm Gruber, Chefarzt der Landespolizeidirektion, sieht THC-Grenzwerte kritisch. Er erklärt, dass THC im Körper anders verarbeitet wird als Alkohol. Die Substanz werde im Fettgewebe gespeichert und später wieder freigesetzt. Ein fixer Abbau wie beim Alkohol finde nicht statt. Außerdem reagiere jeder Mensch unterschiedlich auf THC. Gewicht, Gewöhnung und Konsumfrequenz beeinflussen die Wirkung stark. Laut Gruber kann jemand unterhalb eines Grenzwerts trotzdem fahruntüchtig sein. Deshalb prüfe die Polizei jeden Fall individuell. Nicht jeder positive Test führe automatisch zu einer Strafe. Wer trotz THC-Rückständen reaktionsfähig bleibt, darf weiterfahren. Gruber sieht in der aktuellen Praxis eine sinnvolle Lösung. Er lehnt es ab, leicht berauschte Personen am Steuer zu tolerieren. Er wolle keinem „zehn Prozent bekifften“ Autofahrer auf der Straße begegnen. Auch beim Alkoholgrenzwert äußert er Zweifel. Man dürfe ein Risiko nicht mit einem anderen rechtfertigen, betont er.
Verkehrsministerium bleibt vorsichtig und will umfassende Prüfung
Ein THC-Grenzwert kann nur auf Bundesebene eingeführt werden. Verkehrsminister Peter Hanke betont, dass die Verkehrssicherheit oberste Priorität habe. Er wolle das Thema umfassend analysieren, bevor er eine Entscheidung trifft. Laut Ministerium ist die Rechtslage komplex und sensibel. Es gebe Gespräche mit Nachbarstaaten wie Deutschland, die bereits gesetzliche Werte eingeführt haben. Dennoch bleiben viele Fragen offen – etwa zur Messbarkeit oder zur rechtlichen Umsetzung. Angesichts der ablehnenden Haltung der ÖVP gilt eine baldige Gesetzesänderung als unwahrscheinlich.