Rutte fordert Wendepunkt in der kollektiven Sicherheit
NATO-Generalsekretär Mark Rutte will beim Treffen mit dem britischen Premierminister Keir Starmer in London am Montag einen radikalen Kurswechsel in der Verteidigungspolitik der Mitgliedstaaten anstoßen. Vor dem NATO-Gipfel in den Niederlanden fordert Rutte laut vorab veröffentlichten Redeausschnitten eine „Quantensprung“-Strategie zur kollektiven Sicherheit. Seine zentrale Forderung: eine Steigerung der Luft- und Raketenabwehrkapazitäten um 400 % sowie tausende zusätzliche gepanzerte Fahrzeuge und Munitionseinheiten.
„Russland verbreitet Schrecken aus der Luft, wie wir in der Ukraine sehen“, wird Rutte sagen. „Deshalb werden wir unseren Schutzschirm am Himmel massiv verstärken.“
Rutte warnt, dass die Bedrohungslage durch Moskau eine nie dagewesene Aufrüstung notwendig macht. Die Mitgliedsstaaten sollen sich auf dem anstehenden Gipfel auf drastisch höhere Verteidigungsausgaben einigen, um Abschreckung und Verteidigung nachhaltig zu sichern.
Ausgaben steigen in vielen Ländern – Druck aus den USA wächst
Derzeit erfüllen 22 der 32 NATO-Staaten das seit 2014 geltende Ziel, mindestens 2 % des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Polen liegt mit 4,32 % an der Spitze, vor den USA mit 3,4 %. Nur wenige Länder erreichen die Marke von 3,5 %. Der Druck aus Washington wächst: US-Präsident Donald Trump verlangt seit Jahren, dass europäische Partner mehr Verantwortung für ihre eigene Sicherheit übernehmen.
Im Vereinigten Königreich kündigte Premierminister Starmer an, die Verteidigungsausgaben bis 2034 auf 3 % des BIP zu steigern – mit einem ersten Schritt auf 2,5 %. In der vergangenen Woche stellte Großbritannien einen Verteidigungsplan vor, der den Bau von zwölf neuen U-Booten und sechs Munitionsfabriken vorsieht – die umfassendste Aufrüstung seit über 30 Jahren.
Auch Deutschland vollzieht eine historische Kehrtwende: Für das Jahr 2025 kündigte Berlin massive Mehrausgaben für die Bundeswehr an. Der Bundestag verabschiedete dafür jüngst eine Grundgesetzänderung, die Verteidigungsausgaben über 1 % des BIP von der Schuldenbremse ausnimmt. Damit schafft Deutschland die Grundlage für deutlich höhere Investitionen – ein Kurswechsel für ein Land, das sich militärisch bislang eher zurückhielt.