Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat den ORF-Beitrag als verfassungskonform bestätigt und damit klargestellt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein „öffentliches Gut“ ist. Medienexperten betonen, dass der ORF Aufgaben erfüllt, die für private Medien finanziell nicht tragbar wären, und somit eine „demokratiepolitische Infrastruktur“ darstellt.
Grundsatzentscheidung: Beitragspflicht unabhängig von Nutzung
Der VfGH wies eine Beschwerde zurück, die die Beitragspflicht für Haushalte ohne ORF-Nutzung als gleichheitswidrig sah. Laut Gericht verlangt der Gleichheitsgrundsatz nicht, dass der Beitrag an den tatsächlichen Konsum gebunden ist. Entscheidend sei die Möglichkeit, das Angebot nutzen zu können, unabhängig davon, ob Geräte vorhanden sind.
„Es liegt im gesamtgesellschaftlichen Interesse, dass der Rundfunk seine besondere demokratische und kulturelle Aufgabe wahrnimmt“, so der VfGH.
Vergleich mit Spitälern und Parkanlagen
Medienökonom Matthias Karmasin erklärt, der Entscheid gieße den Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Gütern in juristische Form. Die Finanzierung durch die Allgemeinheit sei vergleichbar mit Spitälern oder Parks, die unabhängig von individueller Nutzung erhalten werden.
Medienforscher Andy Kaltenbrunner sieht den ORF als Teil einer für die Republik wesentlichen Infrastruktur. Der Beitrag sei eine Unterstützung in schwierigen Zeiten und Grundlage für die Wahrnehmung des öffentlich-rechtlichen Auftrags.
Wettbewerb und unverzichtbare Aufgaben
Während der Wettbewerb mit privaten Medien wichtig sei, könnten zentrale Aufgaben wie der Kulturauftrag nicht von Privaten übernommen werden, da der Markt dies nicht trage, so Kaltenbrunner.
Der öffentlich-rechtliche Kernauftrag des ORF umfasst 19 Punkte, darunter umfassende Information, kulturelle Angebote und Inklusion von Menschen mit Behinderung.
Transparenz und Vertrauen
Kaltenbrunner betont, der ORF müsse Leitmedium und Vorbild in Transparenz sein und eine starke Beziehung zum Publikum pflegen. Die Abkehr eines Teils der Bevölkerung vom ORF zugunsten von Propagandaplattformen zeige jedoch, dass der Rückgewinn dieser Menschen eine große gesellschaftliche Aufgabe sei.
„Demokratiebeitrag“ sichert Finanzierung
ORF-Stiftungsratsvorsitzender Heinz Lederer begrüßte die Entscheidung als Bestätigung, dass die monatlich 15,30 Euro pro Haushalt als „Demokratiebeitrag“ zu sehen seien, um die Finanzierung des ORF zu sichern.
Der Beitrag ist bis 2029 eingefroren, der ORF kann jährlich bis zu 710 Mio. Euro daraus verwenden. Die Bundesregierung erlaubt von 2027 bis 2029 zusätzliche 35 Mio. Euro jährlich, verlangt im Gegenzug aber den Fortbestand von ORF Sport+, ORF III und dem RSO Wien.
Politische Reaktionen
- SPÖ: Mediensprecher Klaus Seltenheim bezeichnete das Urteil als klare Bestätigung der Legitimität des Beitrags, der einen „unschätzbaren Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung“ leiste.
- FPÖ: Mediensprecher Christian Hafenecker nannte das Urteil „absurd“ und bezeichnete die Umstellung von der GIS-Gebühr auf die Haushaltsabgabe als „Gesetzespfusch auf Kosten der Österreicher“.
Fazit
Der Entscheid des VfGH stärkt den ORF als öffentlich-rechtliches Leitmedium und sichert seine Finanzierung als Teil der demokratischen Infrastruktur Österreichs, auch wenn gesellschaftliche und politische Diskussionen über die Rolle des ORF und dessen Umfang weitergeführt werden.