Eine Untersuchung des Guardian hat ergeben, dass fast 7.000 Studierende an britischen Universitäten beim Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT beim Schummeln erwischt wurden. Experten gehen jedoch davon aus, dass diese Zahl nur einen Bruchteil der tatsächlichen Fälle abbildet.
Rasante Zunahme von KI-Missbrauch, Rückgang traditioneller Plagiate
Im akademischen Jahr 2023/24 wurden 5,1 Fälle von KI-Missbrauch pro 1.000 Studierende registriert – mehr als das Dreifache im Vergleich zum Vorjahr. Zugleich ist herkömmliches Plagiat deutlich zurückgegangen: Lag die Quote 2019/20 noch bei 19 Fällen pro 1.000 Studierende, sank sie 2023/24 auf 15,2 und wird voraussichtlich weiter auf etwa 8,5 fallen.
Diese Entwicklung spiegelt wider, wie stark sich die Art des akademischen Betrugs mit dem Aufkommen generativer KI verändert hat. Viele Hochschulen erfassen KI-Missbrauch allerdings noch nicht gesondert, was eine umfassende Bewertung erschwert.
Erkennungsprobleme und technologische Sackgassen
KI-Missbrauch ist schwer nachzuweisen. Während Plagiate durch Textvergleiche belegt werden können, lassen sich KI-generierte Inhalte oft nicht eindeutig identifizieren. Der Psychologieprofessor Peter Scarfe von der University of Reading, der selbst an Tests beteiligt war, bei denen KI-generierte Arbeiten unentdeckt blieben, spricht von einem „grundlegend anderen Problem“.
Selbst verbreitete KI-Erkennungsprogramme liefern oft unzuverlässige Ergebnisse. Zudem fürchten viele Universitäten, Studierende fälschlich zu beschuldigen. Gleichzeitig ist eine vollständige Rückkehr zu Präsenzprüfungen unpraktikabel.
Studierende nutzen KI – von Schummeln bis Barriereabbau
Während manche Studierende KI-Tools gezielt einsetzen, um Texte zu verfassen oder zu „humanisieren“, berichten andere wie „Harvey“ und „Amelia“, dass sie ChatGPT vor allem zur Ideenfindung, Strukturierung oder zur Hilfe bei Lernschwierigkeiten nutzen. Letzteres sei insbesondere für Personen mit Dyslexie hilfreich, da KI helfen könne, eigene Gedanken besser zu ordnen.
Hochschulen und Politik unter Zugzwang
Die britische Regierung hat angekündigt, 187 Millionen Pfund in nationale Qualifizierungsprogramme zu investieren und Richtlinien für den Einsatz von KI im Bildungsbereich zu entwickeln. Bildungsexperten fordern jedoch nicht nur strengere Regeln, sondern auch ein Umdenken bei der Gestaltung von Prüfungen und Studienleistungen.
Dr. Thomas Lancaster vom Imperial College betont: „Die Aufgabe besteht nicht darin, KI vollständig zu verbannen, sondern Studierende dafür zu sensibilisieren, warum bestimmte Aufgaben wichtig sind und wie sie sinnvoll mit Technologien umgehen können.“
Fazit
Die Nutzung von KI stellt das Bildungssystem vor massive Herausforderungen: zwischen notwendiger Anpassung, pädagogischen Chancen und der Wahrung akademischer Integrität. Dass der Großteil des KI-Missbrauchs wohl unentdeckt bleibt, lässt die Dringlichkeit für neue Prüfkonzepte und Strategien zur Förderung verantwortungsvollen KI-Einsatzes deutlich werden.