Die Warschauer Galerie für mittelalterliche Kunst zeigt die Gutenberg-Bibel, eines der frühesten gedruckten Bücher der Welt.
Dieses Exemplar wurde vor über 570 Jahren von Johannes Gutenberg gedruckt und zählt zu den wenigen erhaltenen Originalen weltweit. In Polen ist es das einzige seiner Art.
Ein bewegtes Schicksal und jahrhundertealte Bewahrung
Die Gutenberg-Bibel aus dem Diözesanmuseum Pelplin hat eine faszinierende Geschichte. Nicolaus Crapitz, Bischof von Ermland, übergab sie 1502 dem reformierten Franziskanerkloster in Lubawa, wo sie bis ins 19. Jahrhundert verblieb.
Nach der Auflösung des Klosters gelangte sie in die Bibliothek des Priesterseminars von Pelplin. Heute ermöglicht die Ausstellung in Warschau einen seltenen Einblick in dieses bahnbrechende Werk der Druckgeschichte.
Ihr nahezu vollständiger Erhaltungszustand macht sie besonders wertvoll. Sie besitzt fast alle Originalseiten sowie den Einband aus dem 15. Jahrhundert.
Wissenschaftler entdeckten durch einen kleinen Druckfehler auf einer Seite neue Erkenntnisse über Gutenbergs Technik der beweglichen Lettern.
„Die Einführung beweglicher Lettern revolutionierte den Buchdruck, indem sie die Massenproduktion identischer Texte ermöglichte. Diese Innovation veränderte die europäische Wissenskultur grundlegend“, erläutert Kurator Marcin Bogusz.
Flucht vor dem Krieg und Rückkehr in die Heimat
Die Gutenberg-Bibel entging nur knapp den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs. Angesichts der drohenden Gefahr evakuierten die polnischen Behörden sie 1939 aus Pelplin.
Über Warschau, Paris und Großbritannien gelangte das Buch nach Kanada, wo es sicher aufbewahrt wurde.
„Es wurde in einer Bank deponiert, gemeinsam mit anderen bedeutenden Kulturschätzen Polens, darunter das Manuskript der Gallus-Anonymus-Chronik und königliche Insignien“, erklärt Bogusz.
Erst 1959 kehrte die Bibel nach Polen zurück. Vor ihrer endgültigen Rückführung nach Pelplin wurde sie einige Tage im Nationalmuseum Warschau ausgestellt.
Sorgfältige Konservierung für die Zukunft
Um dieses einzigartige Werk zu schützen, erfolgen strenge konservatorische Maßnahmen. Eine spezielle Vitrine reguliert Temperatur und Luftfeuchtigkeit präzise.
„Durch stabile klimatische Bedingungen bleibt das empfindliche Papier langfristig erhalten“, betont Bogusz.
Die Bibel darf maximal 60 Tage im Jahr ausgestellt werden, um Schäden durch Licht und UV-Strahlung zu vermeiden.
Besonders lichtempfindliche handschriftliche Elemente werden durch gezielte Konservierungsmaßnahmen geschützt, um das Werk für künftige Generationen zu bewahren.
Die Bedeutung der Schriftkultur im Mittelalter
Ein begleitender Rundgang führt Besucher durch die Welt der mittelalterlichen Buchkunst und zeigt, wie Bücher das Wissen und die Kunst prägten.
Darstellungen von Lesenden, Schriftzeichen und Buchmalereien verdeutlichen die immense Bedeutung des gedruckten Wortes in der damaligen Gesellschaft.
Auch Künstler nutzten die Drucktechnik. Kupferstiche und Holzschnitte dienten als Vorlagen für Malereien – ein Trend, der den Renaissance-Stil beeinflusste.
„Viele Werke basieren auf Kupferstichen von Martin Schongauer oder Albrecht Dürer. Das zeigt, wie sehr sich der Buchdruck auf die Kunst auswirkte“, erläutert Bogusz.
Speziell markierte Exponate im Museum heben den Einfluss von Gutenbergs Erfindung hervor und verdeutlichen, wie der Buchdruck Europa nachhaltig veränderte.