Die EU gerät bei der Verabschiedung neuer Russland-Sanktionen ins Stocken. Geplante Änderungen bei der Preisobergrenze für russisches Öl stehen vor dem Aus, nachdem der G7-Gipfel scheiterte und die Eskalation im Nahen Osten den Druck auf die Energiepreise erhöhte.
Die Kommission hatte vorgeschlagen, den Ölpreisdeckel von 60 auf 45 Dollar je Barrel zu senken, um Moskaus Einnahmen für den Ukraine-Krieg weiter zu beschneiden. Ohne Zustimmung der USA fehlen der EU jedoch wichtige Rückendeckung und globale Schlagkraft. Donald Trump äußerte sich auf dem G7-Treffen nicht klar und kehrte frühzeitig in die USA zurück. Seitdem ignoriert er westliche Appelle, Moskau stärker unter Druck zu setzen.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen relativierte die Bedeutung der Maßnahme nach dem G7-Gipfel. Der jüngste Ölpreisanstieg durch den Iran-Israel-Konflikt lasse die aktuelle Obergrenze wieder sinnvoll erscheinen. Außenbeauftragte Kaja Kallas hingegen pocht auf die Senkung. Sie warnt davor, dass Russland von der globalen Lage profitiere und seine Kriegsmaschinerie mit zusätzlichen Ölgewinnen weiter anfeuern könne.
Mitglieder uneins: Preisdeckel in der Sackgasse
Die EU-Kommission beharrt offiziell auf dem Vorschlag zur Absenkung. Dennoch deuten diplomatische Stimmen auf ein Scheitern hin. Ohne Einstimmigkeit fällt der Deckel faktisch vom Tisch. Einzelne Mitgliedsstaaten zögern, auch weil sie den Schulterschluss mit dem G7-Beschluss vermissen. Kallas räumt ein, dass einige Länder am Sinn der Maßnahme zweifeln.
Die Bewertung des Treffens fiel ernüchternd aus. Während ein Teil der Union den Kurs beibehalten will, sprechen andere von vertaner Chance. Das geplante 18. Sanktionspaket, das auch die Nord-Stream-Pipelines, das russische Finanzsystem und die sogenannte „Schattenflotte“ betrifft, soll trotzdem weiterverfolgt werden.
Ungarn und Slowakei blockieren mit Gegenforderungen
Neben dem Streit um den Ölpreis rückt ein zweiter Konflikt ins Zentrum: Ungarn und die Slowakei koppeln ihre Zustimmung an Forderungen zum Umgang mit russischen Energielieferungen. Die Kommission plant, russische Gas- und Ölimporte bis 2027 schrittweise auszuschließen. Die beiden Binnenstaaten wehren sich. Sie fürchten steigende Energiepreise und sehen ihre Energiesicherheit bedroht.
Weil sie die Ausstiegspläne nicht blockieren können, nutzen sie das Veto-Recht bei den Sanktionen als Druckmittel. Budapest fordert Schutzmaßnahmen für ungarische Haushalte, Bratislava verlangt Garantien für mögliche wirtschaftliche Folgen. Wie diese Zusagen konkret aussehen sollen, ist offen. Im Raum steht ein Hilfsfonds oder eine offizielle EU-Erklärung – wie im Januar, als Ungarn ein Sanktionsveto mit Verweis auf die Gastransite in der Ukraine verhinderte.
Beim EU-Gipfel am Donnerstag wollen Viktor Orbán und Robert Fico auf ihre Forderungen pochen. Diplomaten bleiben optimistisch: Man hoffe auf eine Einigung vor Ende der polnischen EU-Ratspräsidentschaft am 30. Juni. Polens Staatssekretär Ignacy Niemczycki betonte: „Zwischen Budapest und Bratislava bestehen durchaus Unterschiede. Wir glauben an eine Lösung nach dem Gipfel.“