LNG als neue Schlüsselressource
Im Jahr 2024 erreichten die Einfuhren von russischem Flüssigerdgas (LNG) in die EU ein historisches Hoch. Trotz internationaler Sanktionen aufgrund des Ukraine-Kriegs hat Russland seine Kapazitäten zur Verflüssigung von Erdgas ausgebaut und den Export über den Seeweg erheblich gesteigert. Da Erdgas im Gegensatz zu Kohle und Öl nicht sanktioniert ist, konnte Russland diese Möglichkeit nutzen, um seine Präsenz auf dem europäischen Markt zu sichern.
Laut Daten des Analyseunternehmens Kpler importierte die EU bis Dezember 16,5 Millionen Tonnen russisches LNG. Dies entspricht etwa acht Milliarden Kubikmetern in gasförmigem Zustand. Damit übertraf 2024 die Vorjahresmenge von 15,18 Millionen Tonnen deutlich. Der bisherige Höchststand aus dem Jahr 2022 mit 15,21 Millionen Tonnen wurde ebenfalls übertroffen.
Spotmärkte und Preisvorteile
Die Art des Handels mit LNG hat sich ebenfalls stark gewandelt. Statt langfristiger Lieferverträge setzen Händler verstärkt auf Spotgeschäfte. Etwa ein Drittel der LNG-Exporte aus Russland in die EU erfolgte 2024 über kurzfristige Verträge. Im Jahr 2023 lag dieser Anteil noch bei 23 Prozent.
Laut Christoph Halser, Gasanalyst bei Rystad Energy, profitieren Händler von den günstigen Preisen für russisches LNG. Gas, das vom Jamal-Terminal in Russland geliefert wird, ist deutlich günstiger als LNG aus den USA. Diese Preisvorteile fördern den Spotmarkt und machen russisches LNG trotz geopolitischer Spannungen weiterhin attraktiv.
Europa verringert Abhängigkeit
Vor dem Ukraine-Krieg deckte Europa rund 40 Prozent seines Gasbedarfs mit Importen aus Russland, vor allem über Pipelines. Länder wie Österreich und Ungarn waren zu über 80 Prozent abhängig. Heute liegt der Anteil russischer Gasimporte, einschließlich LNG, bei nur noch 16 Prozent.
Ein weiterer Einschnitt erfolgte mit dem Ende des Gastransits durch die Ukraine am 1. Januar 2025. Die Ukraine entschied sich, den Vertrag mit Russland nicht zu verlängern. Für Russland bedeutet dies jährliche Einnahmeverluste von rund 6,5 Milliarden Dollar.
In Österreich ist die Gasversorgung auch ohne russisches Pipelinegas stabil, betonen Experten. Dennoch könnten längere Kälteperioden zu kurzfristigen Preisspitzen führen. Verbraucher mit langfristigen Lieferverträgen werden solche Schwankungen jedoch kaum spüren.
Die aktuellen Entwicklungen zeigen, wie Europa seine Abhängigkeit von russischen Gasimporten reduziert und gleichzeitig die Energieversorgung flexibel und zukunftssicher gestaltet.