Grippewelle sorgt für hohe Krankenhausaufenthalte
Schwere Grippewelle USA: Die USA erleben eine außergewöhnlich heftige und schwere Grippewelle. Die Zahl der Krankenhausaufenthalte übersteigt zeitweise die Covid-19-Werte aus bestimmten Phasen der Pandemie.
Zusätzlich zur eigentlichen Grippe sehen Ärzte eine hohe Zahl an Patienten mit schweren Komplikationen.
Bei Kindern häufen sich Fälle von neurologischen Komplikationen, insbesondere einer schweren Hirnschwellung namens akute nekrotisierende Enzephalopathie (ANE). Diese Erkrankung kann zum Absterben von Hirngewebe führen.
Erwachsene leiden vermehrt an Lungenentzündungen, die durch fleischfressende Bakterien verursacht werden.
„Wir sehen viele schwere MRSA-Pneumonien nach einer Grippeinfektion, bei denen das Lungengewebe stark zerstört wird“, erklärt Dr. John Lynch, Infektionsspezialist an der UW Medicine.
MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) ist eine Bakterienart, die gegen viele Antibiotika resistent ist. Die Infektion kann tödlich verlaufen. Überlebende können dauerhafte Lungenschäden erleiden, die das Atmen erschweren.
Lungenentzündungen nach einer Grippe sind besonders bei älteren Menschen häufig. Ärzte sehen in dieser Saison besonders viele Fälle, was sie beunruhigt.
In sozialen Medien berichten Intensivpflegekräfte von überfüllten Intensivstationen mit schwer erkrankten Grippepatienten. Viele von ihnen entwickeln Lungenentzündungen und Atemversagen.
Ein Krankenpfleger aus Maryland schrieb auf Reddit: „Wir sehen so viele Menschen in ihren 40ern, die von der Grippe schwer getroffen werden.“
Laut CDC (Centers for Disease Control and Prevention) lag die Hospitalisierungsrate für Grippe Ende Januar bei 14,4 pro 100.000 Menschen, höher als in Spitzenzeiten der Covid-19-Delta-Welle im September 2021.
Bisher gab es in dieser Saison etwa 64 Grippehospitalisierungen pro 100.000 Menschen, verglichen mit 44 für Covid-19. In der vergangenen Saison gab es etwa 2,4-mal mehr Covid-Hospitalisierungen als Grippefälle.
Auch die Zahl der wöchentlichen Grippetoten hat die der Covid-19-Toten erstmals übertroffen. Ende Januar starben 1.302 Menschen an der Grippe, während 1.066 an Covid-19 verstarben.
Hirnkomplikationen bei Kindern bereiten Sorgen
Dr. Keith Van Haren von der Stanford Medicine berichtet über einen Anstieg an ANE-Fällen bei Kindern in den USA. Eine offizielle Erfassung dieser Fälle gibt es nicht, daher sind Trends schwer nachzuvollziehen.
ANE ist eine Hirnschwellung, die durch verschiedene Virusinfektionen, darunter Grippe, ausgelöst werden kann. Studien zeigen, dass die Erkrankung in etwa 50 % der Fälle tödlich verläuft.
Die Schwellung führt zu Gewebetod im Thalamus, einer Hirnregion, die Schlaf- und Wachzustände steuert. Betroffene Kinder werden extrem schläfrig und können nicht wach bleiben.
„Es ist, als würde man einen Luftballon in einer Pappschachtel aufblasen. Irgendwann gibt es keinen Platz mehr und etwas bricht“, erklärt Van Haren.
Er betont, dass keine Hinweise darauf bestehen, dass Vogelgrippe (H5N1) eine Rolle spielt. Diese wurde nur vereinzelt bei Menschen nach Kontakt mit infizierten Tieren nachgewiesen.
Dr. James Antoon vom Monroe Carell Jr. Children’s Hospital meldet ebenfalls einen ANE-Fall in dieser Saison. Zudem gibt es eine Zunahme an neurologischen Komplikationen wie Krampfanfällen bei Kindern mit Grippe.
Laut Antoon treten Krampfanfälle bei etwa vier von 10.000 Kindern unter fünf Jahren mit Grippe auf. Enzephalopathien, also Hirnschwellungen, sind mit einer Rate von etwa einem Fall pro 100.000 Kindern noch seltener. Bei Millionen von Grippefällen führt dies jedoch zu einer relevanten Anzahl an Komplikationen.
„Mit einer schweren Grippesaison wie dieser erwarten wir mehr neurologische Komplikationen“, erklärt Antoon.
Schutzmaßnahmen sind weiterhin sinnvoll – Schwere Grippewelle USA
Dr. Ryan Maves von der Wake Forest University School of Medicine vergleicht die aktuelle Grippewelle mit der Pandemie von 2009, die durch das neue H1N1-Virus ausgelöst wurde.
„Die Krankenhäuser sind randvoll. Wir sehen Fälle, die ich seit Jahren nicht mehr erlebt habe“, sagt Maves. Einige erwachsene Patienten benötigen ECMO-Therapie, eine Methode, bei der Maschinen Herz und Lunge ersetzen, um dem Körper Zeit zur Erholung zu geben.
In dieser Saison kursieren zwei Influenza-A-Stämme fast gleichermaßen: H1N1 und H3N2. „Oft dominiert einer von beiden, aber aktuell sind sie nahezu gleich verteilt“, erklärt Dr. Jennifer Nayak von der University of Rochester Medical Center.
Die Impfquote ist besorgniserregend niedrig. Nur 44 % der Erwachsenen sind geimpft. Bei Kindern ist die Quote von 58 % vor der Pandemie auf 44 % gesunken.
57 Kinder sind in dieser Saison bereits an der Grippe verstorben. „Das ist für diese Jahreszeit eine hohe Zahl“, sagt Nayak. Die meisten waren nicht geimpft.
„Jährlich sterben zwischen 100 und 150 Kinder an der Grippe. Eine schreckliche Zahl, wenn man bedenkt, dass eine Impfung schwere Verläufe verhindern kann“, sagt Dr. Buddy Creech von der Vanderbilt University.
Mit zwei aktiven Stämmen sehen Ärzte Fälle, in denen Patienten erst von einer Variante genesen und dann die zweite Variante bekommen. „Eine Infektion mit einem Stamm schützt nicht vor dem anderen“, warnt Creech.
Die Impfung verhindert keine Infektion, kann aber schwere Verläufe mildern. Creech selbst wurde geimpft und hatte dennoch eine Grippe, aber viel milder als 2009, als er ohne Impfschutz erkrankte.
Noch ist es nicht zu spät für eine Impfung. Experten erwarten mindestens noch sechs Wochen mit hoher Grippeaktivität. Weitere Schutzmaßnahmen wie Maskentragen, Lüften und Händewaschen helfen ebenfalls. Antivirale Medikamente reduzieren das Risiko schwerer Verläufe, wenn sie frühzeitig eingenommen werden.