Reallöhne in Großbritannien steigen um 3,4 % – Privater Sektor treibt Wachstum an
Die Reallöhne in Großbritannien verzeichneten den stärksten Anstieg seit mehr als drei Jahren. Zwischen September und November stiegen die inflationsbereinigten Gehälter im Vergleich zum Vorjahr um 3,4 %, so das britische Statistikamt (ONS). Besonders im privaten Sektor fielen die Gehaltszuwächse deutlich höher aus als im öffentlichen Dienst.
Auswirkungen auf Inflation und Zinspolitik
Die Bank of England steht vor einem komplexen Szenario: Während steigende Löhne die Inflation antreiben könnten, deutet der jüngste Rückgang der Inflation auf mögliche Zinssenkungen hin. Aktuell liegt der Leitzins bei 4,75 % und könnte im nächsten Monat auf 4,5 % sinken.
Laut den ONS-Daten betrugen die durchschnittlichen Wochenverdienste im November 660 Pfund, während die Inflation auf 2,5 % fiel. Sarah Coles von Hargreaves Lansdown betont, dass die Gehaltserhöhungen für mehr finanziellen Spielraum sorgen. Gleichzeitig warnt sie, dass anhaltend hohe Löhne Zinssenkungen verzögern könnten.
Ashley Webb von Capital Economics fügt hinzu, dass einige Mitglieder der Bank of England die Lohnentwicklungen im privaten Sektor mit Sorge betrachten könnten. Dennoch sei die Mehrheit bereit, die Lockerung des Arbeitsmarktes als Argument für Zinssenkungen zu nutzen.
Arbeitsmarkt: Fortschritte und Herausforderungen
Die Arbeitslosenquote in Großbritannien stieg leicht auf 4,4 %, während die Zahl der offenen Stellen zwischen Oktober und Dezember um 2,9 % auf 812.000 sank. Dennoch liegt die Zahl weiterhin über dem Niveau vor der Pandemie. Das ONS rät jedoch zur Vorsicht bei der Interpretation der Daten, da die Rücklaufquoten gering sind.
Laut Petra Tagg von Manpower UK bieten Unternehmen hohe Gehälter, um Fachkräfte in gefragten Bereichen wie Ingenieurwesen, IT und künstlicher Intelligenz zu gewinnen. Gleichzeitig wechseln Arbeitnehmer aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten seltener ihre Stellen.
Pantheon Macroeconomics berichtet von einem Rückgang der Beschäftigung im Dezember, da Unternehmen wegen Steuererhöhungen weniger Personal einstellen. Finanzministerin Rachel Reeves kündigte Maßnahmen im Umfang von 40 Milliarden Pfund an, darunter höhere Sozialversicherungsbeiträge und eine Absenkung der Arbeitgeberfreigrenzen. Unternehmen warnen, dass diese Belastungen die wirtschaftliche Entwicklung hemmen und den Spielraum für Gehaltserhöhungen sowie Neueinstellungen einschränken könnten.
Risiken und Ausblick
Trotz des positiven Trends bei den Reallöhnen könnten Unternehmen aufgrund höherer Kosten gezwungen sein, Gehaltssteigerungen zu reduzieren. Engpässe auf dem Arbeitsmarkt könnten einerseits das Wachstum bremsen, andererseits aber auch höhere Löhne in bestimmten Branchen fördern.
Die Resolution Foundation nennt 2024 das beste Jahr für Lohnwachstum seit 2005. Arbeits- und Rentenministerin Liz Kendall betonte, dass die Regierung weiterhin Maßnahmen ergreift, um die Lebensstandards zu verbessern und das Wirtschaftswachstum zu stärken.
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