Offener Brief fordert Stopp des geplanten Gefährder-Gesetzes
Noch bevor das neue Gesetz zur Überwachung potenziell gefährlicher Personen im Nationalrat beschlossen wird, wächst der zivilgesellschaftliche Widerstand. Mehr als 40 österreichische und internationale Organisationen – darunter Epicenter Works, Greenpeace und die Katholische Aktion – fordern die Abgeordneten in einem offenen Brief auf, das Vorhaben abzulehnen. Die Abstimmung ist für diese Woche angesetzt.
Die Verfasser des Schreibens bezeichnen das Gesetz als Gefahr für Grundrechte und demokratische Kontrolle. Es bringe nicht mehr Sicherheit, sondern neue Risiken für alle.
Kritik an fehlender Kontrolle und digitaler Schwächung
Im Mittelpunkt der Kritik steht die vorgesehene Selbstkontrolle durch das Innenministerium. Unabhängige Instanzen seien laut dem aktuellen Entwurf nicht vorgesehen. Zudem wäre eine gezielte Überwachung von Messenger-Diensten technisch nur möglich, wenn ganze Geräte angegriffen würden. Damit blieben Schwachstellen absichtlich offen, was die digitale Sicherheit sämtlicher Nutzer gefährde – von Einzelpersonen bis hin zu Versorgungsnetzen.
Die NGOs warnen vor einer Praxis, bei der der Staat zum aktiven Eindringling in private Systeme wird.
Erfahrungen aus dem Ausland als Warnsignal
Die Unterzeichnenden führen Beispiele aus Spanien, Griechenland und Polen an, in denen Überwachungssoftware wie Pegasus oder Predator missbraucht wurde, um Journalisten, Aktivistinnen und politische Gegner zu bespitzeln. In mehreren Fällen wurden selbst Regierungsmitglieder ins Visier genommen.
Diese Fälle zeigen aus Sicht der NGOs, wie rasch solche Technologien zur Unterdrückung kritischer Stimmen eingesetzt werden können.
Ausgang der Abstimmung noch offen
Ob das Gesetz mit breiter Zustimmung durchgeht, ist ungewiss. Die Überwachungsmaßnahme war ursprünglich eine Forderung der ÖVP. Innerhalb der Koalition gab es allerdings Diskussionen über die verfassungsrechtliche Tragfähigkeit – vor allem vonseiten der Neos.
Die Abgeordneten Stephanie Krisper und Nikolaus Scherak kündigten bereits ihr Nein an. Die NGOs hoffen, mit ihrem Appell weitere Abgeordnete umstimmen zu können. Unterstützt wird der Protest auch von Organisationen aus Ländern wie den USA, der Ukraine und der Türkei.