Ein führender US-Immunologe warnt, dass wir uns in einer „Post-Herdenimmunitäts-Welt“ befinden. Die Masern breiten sich derzeit rasant in unterimpften Regionen der USA, Mexikos und Kanadas aus. Besonders stark betroffen ist West-Texas, wo die schlimmste Masernwelle seit 25 Jahren bereits zwei ungeimpfte Kinder und einen Erwachsenen das Leben gekostet hat. Auch in New Mexico und Oklahoma wurden Infektionen gemeldet.
Dr. Paul Offit, Leiter des Vaccine Education Center am Children’s Hospital of Philadelphia, erklärte: „Masern sind die ansteckendste Krankheit unter den impfpräventablen Infektionen – sie kehren als erste zurück.“ Nach Angaben der CDC wurden bis zum 1. Mai 935 Fälle in 30 Bundesstaaten bestätigt. Fast jedes dritte betroffene Kind unter fünf Jahren musste im Krankenhaus behandelt werden.
Impfquote im Sinkflug: Religiöse Gruppen und politische Desinformation als Risiko
Der dramatische Anstieg der Fälle wird mit einem Rückgang der Impfbereitschaft in Verbindung gebracht. Besonders in abgeschotteten mennonitischen Gemeinden im Süden der USA, in Mexiko und Kanada ist die Impfquote niedrig. Obwohl ihre Lehre Impfungen nicht verbietet, führen Sprachbarrieren und mangelnder Kontakt zu Gesundheitseinrichtungen zu geringerem Schutz.
Gleichzeitig befeuert US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. mit falschen Behauptungen die Skepsis gegenüber Impfstoffen. Er stellte etwa die wissenschaftlich widerlegte Behauptung auf, dass der Masernimpfstoff „abgetriebene Föten“ enthalte, und propagierte Antibiotika sowie Kortikosteroide als vermeintliche Wundermittel gegen Masern. Fachgesellschaften wie die American Academy of Pediatrics wiesen diese Aussagen als irreführend und gefährlich zurück. Masern lassen sich nicht heilen – nur durch Impfung verhindern.
Warnung vor einer globalen Gesundheitskrise
Auch weltweit steigen die Masernzahlen rasant. In Europa verzeichnete man im Jahr 2024 eine zehnfache Zunahme der Fälle im Vergleich zum Vorjahr, laut Daten von ECDC und WHO. 87 % der europäischen Fälle entfielen auf Rumänien. Nur Portugal, Ungarn und Malta erreichten die empfohlene Durchimpfungsrate von 95 % mit zwei Impfdosen.
Insgesamt wurden laut WHO rund 2.300 Masernfälle in Nord-, Mittel- und Südamerika gemeldet – elfmal mehr als im Vorjahr. In Mexiko erklärte die Gesundheitsbehörde, dass das Virus durch internationale Reisetätigkeit eingeschleppt wurde.
Die US-Gesundheitsbehörden befürchten, dass durch zunehmende Desinformation, Kürzungen im öffentlichen Gesundheitswesen und sinkendes Vertrauen in Impfprogramme noch mehr Ausbrüche drohen. Fachleute halten es für ethisch bedenklich, neue klinische Studien mit dem MMR-Impfstoff durchzuführen, da dessen Wirksamkeit und Sicherheit längst belegt sind.
Masern töten etwa ein von 1.000 infizierten Kindern. Die Erkrankung schwächt zudem das Immunsystem, was zu weiteren Infektionen führen kann. Seit 1974 haben Masernimpfstoffe weltweit mehr als 93 Millionen Leben gerettet und die Kindersterblichkeit signifikant reduziert. Der beste Schutz ist und bleibt die Impfung.