Ehemalige Vorstände und Aufsichtsräte der Signa Prime Selection AG unter Druck
Der Insolvenzverwalter wirft ihnen Pflichtverletzungen und eine Verschleppung der Insolvenz vor. Er fordert Schadensersatz in Höhe von über einer Milliarde Euro.
Haftungsansprüche gegen frühere Manager
Nach der Insolvenzanmeldung der Signa Prime Selection AG im November 2023 richtet Insolvenzverwalter Norbert Abel seinen Blick auf die ehemaligen Manager. Kurz vor Jahresende erhielten vier ehemalige Vorstandsmitglieder und zwölf frühere Aufsichtsräte Haftungsschreiben, darunter auch Alfred Gusenbauer, der frühere SPÖ-Kanzler.
Die Hauptanschuldigung lautet, dass die Signa Prime spätestens seit dem 31. März 2022 zahlungsunfähig war. Laut Abel hätten der Vorstand und die Aufsichtsräte dies erkennen und einen Insolvenzantrag stellen müssen. Stattdessen unterließen sie dies, was als schwerwiegende Pflichtverletzung gewertet wird.
Abel fordert von den Betroffenen, die Haftung für einen Schaden von mindestens einer Milliarde Euro anzuerkennen. Die Frist für eine Stellungnahme endet am 20. Januar 2025.
Pflichtverletzungen und finanzielle Fehlentscheidungen
Die Vorwürfe sind umfassend. Abel bemängelt, dass ein mangelhaftes Controlling die finanzielle Lage weiter verschärft habe. Weder gab es eine solide Finanzplanung noch Maßnahmen zur Stabilisierung der Situation. Der Betriebsverlust stieg, die Insolvenzmasse schrumpfte, und die Gläubiger erlitten erhebliche Einbußen.
Darüber hinaus kritisiert Abel unrechtmäßige Geldtransfers innerhalb des Konzerns. Die Finanzplanung basierte auf unprofessionellen Excel-Tabellen, sogenannten „Bierdeckel-Kalkulationen“, mit willkürlichen Übertragungen in dreistelliger Millionenhöhe zwischen verschiedenen Gesellschaften.
Ein besonders gravierender Punkt betrifft Zahlungen von über 252 Millionen Euro im Jahr 2023 an die Signa Prime Holding GmbH. Trotz ihrer finanziellen Schwierigkeiten erhielt die Holding diese Kredite. Abel bezeichnet dies als „beispiellos in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte“.
Aufsichtsräte in der Verantwortung
Auch die früheren Aufsichtsräte der Signa Prime stehen in der Kritik. Sie hätten den Vorstand nicht ausreichend überwacht und notwendige Schritte wie die Stellung eines Insolvenzantrags verhindert. Laut Abel war die materielle Insolvenz bereits im Jahr 2022 offensichtlich.
Die Untersuchung der Konzernstruktur dauert an, und es könnten weitere Haftungsansprüche folgen, da die Verantwortlichkeiten auf zahlreiche Personen verteilt sind. Sowohl Vorstände als auch Aufsichtsräte haften jedoch solidarisch für den entstandenen Schaden.
Zusätzlich fordert der Insolvenzverwalter die Rückzahlung bereits gezahlter Honorare von den ehemaligen Führungskräften. Einige Beträge konnten bereits erfolgreich eingezogen werden.