Leitzinssenkungen trotz Inflationsanstieg erwartet
Die Europäische Zentralbank (EZB) plant, Ende Januar die Leitzinsen erneut zu senken, obwohl die Inflation in der Eurozone zuletzt über das Ziel von 2 Prozent gestiegen ist. Im Dezember kletterte die Inflation auf 2,4 Prozent, während sie im September noch bei 1,7 Prozent lag.
EZB-Direktorin Isabell Schnabel: Anstieg als vorübergehend eingestuft
EZB-Direktorin Isabell Schnabel bezeichnete den Anstieg der Inflation als vorübergehend und führte ihn auf statistische Effekte zurück, die keinen Einfluss auf den langfristigen Trend sinkender Inflation haben. Sie erklärte, die EZB sei weiterhin in der Lage, die Zinsen zu senken, falls die Inflation wie erwartet zurückgeht.
„Wenn die Inflation den prognostizierten Rückgang zeigt, können wir den Spielraum für weitere Zinssenkungen nutzen“, sagte Schnabel im Gespräch mit Finanztip. Gleichzeitig warnte sie, dass die EZB sorgfältig prüfen müsse, wie weit die Zinsen noch gesenkt werden könnten. Im vergangenen Jahr hatte die Notenbank den Einlagensatz in vier Schritten um einen Prozentpunkt auf 3 Prozent reduziert.
Schnabel zeigte sich zuversichtlich, dass die EZB ihr Ziel einer Inflation von 2 Prozent in diesem Jahr erreichen wird. Sie betonte jedoch, dass der Preisdruck im Dienstleistungssektor, der durch hohe Lohnkosten verursacht wird, weiterhin eine Herausforderung darstellt. Mit einer abgeschwächten Konjunktur rechnet sie jedoch mit einer Verlangsamung des Lohnwachstums, was die Inflation dämpfen könnte.
Kontroversen innerhalb der EZB
Die Protokolle der letzten EZB-Sitzung zeigen eine uneinheitliche Meinung unter den Entscheidungsträgern. Während einige Mitglieder größere Zinssenkungen um 0,5 Prozentpunkte befürworteten, plädierten andere für ein vorsichtigeres Vorgehen.
Robert Holzmann, Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, gehört zu den skeptischen Stimmen. Er warnte vor vorschnellen Zinssenkungen und erklärte: „Zinsen zu senken, während die Inflation steigt, könnte das Vertrauen in die EZB gefährden.“ Holzmann forderte eine genaue Analyse der Inflationsentwicklung, bevor weitere Entscheidungen getroffen werden.
Er betonte, dass die kommenden Inflationsdaten, die am 3. Februar veröffentlicht werden, entscheidend für den Kurs der EZB seien. Während der Finanzmarkt derzeit eine moderate Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte erwartet, stellte Holzmann klar, dass dies keine beschlossene Sache sei.
Balance zwischen Stabilität und Wachstum
Die EZB steht vor der schwierigen Aufgabe, einerseits das Wirtschaftswachstum zu unterstützen und andererseits die Inflation unter Kontrolle zu halten. Die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Notenbank verdeutlichen die Komplexität dieser Herausforderung. Sorgfältige Entscheidungen und präzise Analysen werden notwendig sein, um sowohl wirtschaftliche Stabilität als auch Vertrauen in die Geldpolitik der Eurozone langfristig zu sichern.
Zukünftige Zinsschritte müssen dabei die Auswirkungen auf Konjunktur und Preise gleichermaßen berücksichtigen. Die EZB wird abwägen müssen, wie sie ihre Ziele erreichen kann, ohne die wirtschaftliche Erholung zu gefährden.